| 
               
               
                 | 
               
               
                 | 
               
               
                |   akzept 
                    ist Mitglied bei  | 
               
               
                |   Deutsche 
                    Hauptstelle für Suchtfragen  | 
               
               
                |     
                    European Coalition for Just and Effective Drug Policies
  | 
               
               
                 
                    International Drug Policy Consortium  | 
               
               
                  
                      
                      European Network 
                      Social Inclusion & Health 
                      
                    | 
               
            
  | 
           
            
               
                 | 
               
               
                 
                     
                      | Ziele | 
                     
                     
                      Politische Ziele von akzept sind 
														• Schutz der Menschenwürde aller DrogenkonsumentInnen 
														• Veränderung der Drogenpolitik in Richtung einer ganzheitlichen Drogenpolitik 
														• Entkriminalisierung der Drogenkonsumenten 
														• Forschung zur Wirkung prohibitiver Drogenpolitik 
														Praktische Ziele sind  
														• Umfassendes Verständnis von Drogenkonsum und Abhängigkeit • Klientenorientierte statt institutionsorientierte Hilfen 
														  • Schutz vor gesundheitlichen und sozialen Schäden: harm-reduction‘ 
														  • Teilhabe 
														  • Förderung von Selbsthilfepotentialen 
														 
Für die Umsetzung dieser Ziele setzen sich rund 200 Mitglieder von akzept, 60 Einrichtungen und Projekte sowie 135 Einzelmitglieder (PaktikerInnen, WissenschaftlerInnen, MedizinerInnen, Betroffene und Elternselbsthilfe) aus Deutschland und Nachbarländern ein.. 
														Der Flyer: pdf 
														Goals: 
															
                        The concept of acceptance and what it means for our work..... read more 
															
                        General information akzept.......flyer 
													 | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
              
                
                     
                      | 1. Zum Begriff 
                        der Akzeptanz und seine Bedeutung für unsere Arbeit. | 
                     
                     
                      Akzeptanz, Niedrigschwelligkeit und Suchtbegleitung 
                        sind als Trendbegriffe in aller Munde. Kaum ein Konzept, 
                        das auf diesen Begriff verzichten könnte. Modebegriffe, 
                        die deutlich machen, daß diese so bezeichneten Dienstleistungen 
                        mittlerweile (gefragte) Waren auf dem sozialen Dienstleistungssektor 
                        sind. 
                        Auf diesem Markt bieten inzwischen sowohl große, 
                        vormals ausschließlich abstinenzorientierte Unternehmen, 
                        als auch kleine, betroffenennahe Initiativen ihre Version 
                        von Niedrigschwelligkeit und Akzeptanz an. Zunächst 
                        war akzeptierende Drogenarbeit eher ein Abgrenzungsbegriff 
                        einer drogenpolitischen Methode und Gegenbewegung zu einer 
                        Praxis der Drogensozialarbeit, die eher bevormundend 
                        oder hochschwellig organisiert und praktisch, 
                        wie ideologisch fast ausnahmslos auf Drogenfreiheit orientiert 
                        war.   | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
               
                 
                     
                      | 2. Alles akzeptieren? | 
                     
                     
                      Doch was genau meint der neuerdings in mehreren 
                        Bereichen der Sozialarbeit verwendete Begriff der Akzeptanz? 
                        Meint Akzeptanz in der Arbeit etwa mit rechtsradikalen, 
                        gewaltbereiten Jugendlichen unhinterfragte Billigung? 
                        Oder im Drogenbereich Verharmlosung und Gleichgültigkeit 
                        gegenüber Abhängigkeit? 
                        Zunächst beinhaltet Akzeptanz, daß man, statt 
                        eine aus- und abgrenzende Politik zu betreiben, einen 
                        Dialog zwischen unterschiedlichen Werten und Lebensstilen 
                        anbietet. Erst auf dieser Basis ist ein gegenseitiges 
                        Verstehen von grundsätzlich verschiedenen Lebensentwürfen 
                        und ihrer persönlichen und sozialen Entstehungsgeschichte 
                        möglich. 
                        Für die Menschen, die illegale Drogen nehmen oder 
                        nehmen müssen, heißt dies zunächst, daß 
                        die Illegalität des Drogengebrauchs die prägende 
                        gesellschaftliche Bedingung für ihren Alltag darstellt: 
                        Schwarzmarkt, schwankender Reinheitsgehalt der Droge und 
                        lebensgefährliche Beimischungen produzieren zum großen 
                        Teil erst die Gesundheitsrisiken, die zu minimieren sich 
                        die in diesem Heft vorgestellten Angebote zum Ziel gesetzt 
                        haben.   
                        Die polizeiliche Kontrolltätigkeit wird weiter intensiviert: 
                        Das Bundeskriminalamtes weist seit Mitte der 80er Jahre 
                        eine zunehmende Zahl von polizeilich auffällig gewordenen 
                        DrogenkonsumentInnen und -händler aus: 1994 wurden 
                        ca. 187 000 Rauschgiftdelikte registriert - eine stetige 
                        Zunahme und Verdreifachung seit 1984. Ein erheblicher 
                        Teil ist wegen Cannabiskonsum und -besitz polizeilich 
                        auffällig gewordenen (43%). Erhebliche Steigerungsraten 
                        wurden bei Delikten in Zusammenhang mit LSD und Amphetaminen 
                        festgestellt, während Heroin- und Kokaindelikte relativ 
                        konstant blieben. Zusätzlich erfaßt die Polizei 
                        die Zahl der sog. Erstauffälligen Konsumenten harter 
                        Drogen, d.h. ausschließlich diejenigen Drogenkonsumenten, 
                        die den Strafverfolgungsbehörden erstmals mit dem 
                        Gebrauch harter Drogen (Opiate, Kokain und synthetische 
                        Drogen) bekannt werden: diese Zahl hat sich seit 1986 
                        auf 1996 ca. 17.000 mehr als vervierfacht.   
                        Rauschgiftdelikte sind Kontrolldelikte, d.h. sie spiegeln 
                        die Kontrollintensität der Strafverfolgungsbehörden 
                        wieder und nicht unbedingt die reale Konsumentwicklung. 
                        Da es in diesem Bereich naturgemäß keine Anzeigen 
                        gibt, ist die Polizei auf intensive Ermittlungen und Informanten 
                        angewiesen. Die Zunahme der Zahlen verdeutlicht jedoch 
                        die Kontrollintensität, mit der die Strafverfolgungsbehörden 
                        versuchen die Konsumenten illegaler Drogen zu erfassen. 
                        Dies bedeutet, daß über kurz oder lang die 
                        Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit Drogenerwerb, -besitz 
                        und -handel auffällig zu werden, relativ groß 
                        ist.   
                        Haft, Verfolgung, erzwungene Therapie, Polizeivernehmung 
                        - all dies schafft eine soziale Ausgrenzung, die durch 
                        Kontaktabbruch von FreundInnen, Bekannten, Familie, PartnerIn 
                        oftmals im Kleinen vollzogen wird und gesamtgesellschaftlich 
                        eine weitere Gruppe von Randständigen, Ausgegrenzten, 
                        Chancenlosen schafft. Diese Ausgrenzungspolitik hat auch 
                        Entsolidarisierungseffekte zur Folge: Es macht DrogengebraucherInnen 
                        zu Spitzeln der Polizei und Justiz, verhindert gemeinsame 
                        politische Artikulation und Aktion, spaltet, schürt 
                        Mißtrauen und Angst, fördert Verrohung. Dies 
                        drückte die Bremer Gefangenenzeitung DISKUS in einem 
                        Nachruf auf zwei drogenabhängige Menschen aus, die 
                        sich in der Haft das Leben genommen hatten: Als 
                        der Dealer von Wolfgangs Tod erfuhr sagte er nur: Scheiße, 
                        von dem krieg ich noch zwanzig Mark. 
                        Was Leben in der Illegalität heißt, läßt 
                        sich nur schwer demjenigen vermitteln, der draußen 
                        steht. 
                        Nackte Zahlen in der täglichen Presse über die 
                        hohe Ansteckungsrate mit dem AIDS-verursachenden HIV-Virus, 
                        die Verbreitung von gefährlichen Hepatitisviren, 
                        sexuell übertragbaren Krankheiten, Tuberkulose, bakterielle 
                        Ecokarditis, Niererkrankungen oder die Sterberate unter 
                        DrogenkonsumentInnen drückt nur sehr unvollkommen 
                        aus, was es bedeutet, existentiell bedroht zu sein. 
                        MitarbeiterInnen der akzeptierendem Drogenarbeit haben 
                        in ihrer täglichen Arbeit in der Konfrontation mit 
                        anderen Lebensstilen zunächst gelernt, genauer hinzusehen, 
                        zu differenzieren, das Fixerbild der Medien zu hinterfragen: 
                        Sind es tatsächlich die Drogen, die das sichtbare 
                        Drogenelend verursachen, oder sind es auch 
                        die Folgen eines Drogenpolitik-Elends, d.h. 
                        eines Teufelskreises aus Kriminalisierung und Verfolgung? 
                        In unserer täglichen Arbeit merken wir, daß 
                        die durch die Drogenpolitik induzierten Probleme so groß 
                        sind, daß sie mögliche Suchtproblem völlig 
                        überlagern. Kaum ein Moment in der Drogenhilfe, der 
                        nicht gekennzeichnet wäre von der Arbeit an den Folgen 
                        der Illegalität und Verfolgung (Schulden, Lohnpfändung, 
                        schlechter gesundheitlicher Status, Notwendigkeit der 
                        Haftvermeidung/-ent-lassung usw.)   | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
               
                 
                     
                      | 3. Differenziertes 
                        Suchtverständnis | 
                     
                     
                      Akzeptanz bedeutet aber auch, KonsumentInnen 
                        illegaler Drogen, wie im übrigen legaler Drogen auch, 
                        nicht von vornherein oder überhaupt als beratungs- 
                        und behandlungsbedürftige Objekte therapeutischer 
                        Begierde bzw. gesellschaftlicher Straf- und Abgrenzungsbedürfnisse 
                        zu betrachten. Dies war und ist z.T. heute noch so: die 
                        unselige Verquickung von Strafrecht und Therapie/Beratung 
                        hat die Legitmation dafür geliefert, daß der 
                        Zweck (Abstinenz) scheinbar alle Mittel heiligt: 
                        Von der Babyphasen-Theorie, in der Sündige ganz von 
                        vorn anfangen sollen, bis zu Konfrontationssitzungen in 
                        der sog. stationären Langzeittherapie, in der Anwesende 
                        hemmungslos auf den zu Therapierenden einschreien durften 
                        bis dieser ganz unten war, um fortan wieder 
                        neu, mit anderer Orientierung, mit anderen Freunden, mit 
                        anderer Kleidung, aufgebaut werden zu können. Ein 
                        ganz dunkles Kapitel jüngster Therapie- und Psychiatriegeschichte. 
                        Die akzeptierende Drogenarbeit betrachtet Drogenkonsum 
                        differenziert als bewußte Konsumentscheidung zum 
                        Zwecke des Genusses oder der Selbstmedikation, als Lebensstiläußerung, 
                        oder auch als Krankheit, für die es angemessene, 
                        d.h. bedürfnisorientierte Hilfen und Therapien geben 
                        muß. Die Selbstbestimmung des Einzelnen steht im 
                        Vordergrund unserer Drogenhilfe, statt des umarmenden 
                        Wir-wissen-was-für-dich-das-Beste-ist! 
                        und die fürsorgliche Belagerung. 
                        Das heißt für uns Unterstützung von Selbsthilfe: 
                        Der Selbsthilfe Raum (und auch Räume) zu geben für 
                        ihre Verbraucherschutzmaßnahmen (z.B. bei Partydrogen), 
                        politische Artikulation oder praktische Hilfen untereinander. 
                        Die Selbstheilungskräfte und die Betroffenenkompetenz 
                        sind wichtige Faktoren, die bei der Selbsthilfeförderung 
                        unterstützt werden müssen. So können DrogengebraucherInnen 
                        verstärkt ihre eigenen politischen Forderungen und 
                        praktischen Bedürfnisse formulieren: Emanzipation 
                        statt Entmündigung! 
                        Das heißt aber nicht, daß professionelle Hilfe 
                        überflüssig geworden wäre. Sie ist überall 
                        dort gefragt, wo Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt 
                        werden, die in der Selbsthilfe nicht oder nicht ohne weiteres 
                        vorhanden sind oder allgemein etwas mehr Distanz erfordern. 
                        Akzeptanz heißt auch, daß wir die drogenpolitische 
                        Dominanz der Repression, wie etwa die allerorts zu beobachtende 
                        Zerschlagung der offenen Drogenszene, die 
                        Auflösung des Drogenstrichs, öffentlich 
                        thematisieren und auf die gesundheitlichen Risiken und 
                        sozialen Folgen hinweisen. Die ordungspolitisch orientierte 
                        kommunale Umgehensweise mit der offenen Szene 
                        ignoriert in der Regel völlig, daß DrogenkonsumentInnen, 
                        vor allem die, die relativ verelendet sind, einen Kommunikationsraum 
                        brauchen, in dem auch noch gegenseitige Hilfestellungen 
                        stattfinden können. Mit dem repressiven Vorgehen 
                        gegen Ansammlungen von DrogenkonsumentInnen wird lediglich 
                        Sozialkosmetik betrieben. Es gelingt wahrscheinlich nicht 
                        einmal, das oft zitierte subjektive Sicherheitsempfinden 
                        zu stärken. Zu kraß sichtbar sind in den Großstädten 
                        die Folgen der Zerschlagung. 
                        Akzeptierende Drogenarbeit nimmt die Gesundheitsbedürfnisse 
                        der DrogenkonsumentInnen ernst. Unter den Bedingungen 
                        der Teilprohibition heißt dies, daß die durch 
                        Schwarzmarktdrogen und die Illegalität bewirkten 
                        Gesundheitsrisiken minimiert werden müssen: Durch 
                        safer-use, Spritzenaus- tauschangebote, Druckräume, 
                        Wohnraum und Arbeitsmöglichkeiten ohne Bindung an 
                        Abstinenzverhalten. Es geht zunächst darum, nicht 
                        mehr rückgängig zu machenden Schädigungen 
                        wie z.B. eine HIV-Infektion vermeiden zu helfen. Verbraucherschutz 
                        bedeutet in diesem Zusammenhang, alles zu unternehmen, 
                        was die kriminalisierungsbedingten, zusätzlichen 
                        Schädigungen vermeiden hilft. 
                        Dieses gilt insbesondere für den Strafvollzug, in 
                        dem sich etwa 10.000 bis 20.000 drogenabhängige Gefangene 
                        befinden, die mit der Inhaftierung einen Hygienerückfall 
                        erleben. Seit mehr als zehn Jahren haben sie harm-reduction-Botschaften 
                        verinnerlicht und beherzigt und mit der Inhaftierung werden 
                        sie aufgefordert, sich von safer-use-Regeln zu verabschieden.  
                       | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
               
                 
                     
                      | 4. Problembereiche 
                        akzeptierender Drogenarbeit | 
                     
                     
                      Nur Hilfe hilft! - Hilft nur 
                        Hilfe?  Nur Hilfe hilft! stand auf einem 
                        Flugblatt der Frankfurter AIDS-Hilfe. Wirklich? Muß 
                        der oben beschriebene Weg des Dialogs als Methode akzeptierender 
                        Drogenarbeit sich nicht auch beziehen auf den Dialog mit 
                        AnwohnerInnen, Schulkindern, Polizei, Justiz und Politik? 
                        Um kommunalpolitische Zuspitzungen aufzulösen hilft 
                        nur eine Präsenz akzeptierender Drogenarbeit an Runden 
                        Tischen, um - gemeinsam mit user-Gruppen - für menschenwürdige 
                        Drogenpolitik zu argumentieren. Daß Ordnungspolitik 
                        und Gesundheitspolitik nicht nur Gegensätze sein 
                        müssen, zeigen konzeptionelle Überlegungen von 
                        akzept-Vereinen vor Ort: Utre-chter-Modell-Diskussion 
                        in Bremen, für bessere Arbeitsbedingungen Beschaffungsprostituierter; 
                        Gesundheitsräume/ Kontaktläden werden 
                        ebenfalls beiden Interessen gerecht. Es geht um die Klärung, 
                        daß es weder in der Drogenhilfe noch in der Drogenpolitik 
                        einen Königsweg geben darf und darum, die moralische 
                        Besetzung und Symbolaufladung traditioneller Drogenpolitik 
                        (Dämonisierung der Substanz, Ausländerfeindlichkeit 
                        etc.), zu enthüllen.   
                        Chancen und Gefahren einer Professionalisierung 
                        Akzeptierende Drogenarbeit ist als eine politische Bewegung 
                        gestartet, die mit praktischen Angeboten überzeugend 
                        Lücken im damaligen, eindimensional auf Abstinenz 
                        ausgerichteten Drogenhilfesystem, aufgezeigt hat. Heute 
                        ist die Praxis akzeptierender Drogenarbeit unter dem Titel 
                        harm-reduction als effektive Drogenhilfe anerkannt 
                        und mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet 
                        worden (vor dem Hintergrund eines nur 10jährigen 
                        Prozesses gesehen). Mit dieser Entwicklung sind aber auch 
                        erhebliche Veränderungs- und Anpassungsleistungen 
                        vollbracht worden: vom Geldgeber wird eine bestimmte Versorgungsleistung 
                        vor Ort erwartet und abgerechnet - ohne Ideologie und 
                        politisches Engagement drumherum. Die MitarbeiterInnen 
                        verstehen sich deshalb heute als Profis im Management 
                        bestimmter Problemlagen von Randgruppen, d.h. die Nähe 
                        zum Klientel entspringt nicht mehr einer selbstverständlichen 
                        Haltung, sondern methodischen Überlegungen: Nur indem 
                        man Nähe aufbaut, kann man einen Dialog führen. 
                        Es ist folglich ein Professionalisierungs- und in Teilen 
                        auch Bürokratisierungsprozeß im Gange - die 
                        Entwicklung scheint der der release-Bewegung 
                        Anfang der 70er Jahre nicht unähnlich zu sein. 
                        Neben einem Nutzen birgt dieser Prozeß aber auch 
                        die Gefahr einer Verstelbstständigung, die sich aus 
                        fachlichen und ökonomischen Motiven an einer Pathologisierung 
                        des Klientels beteiligt: Die Entdeckung der 
                        Doppeldiagnose scheint ein erstes Anzeichen dafür 
                        zu sein, mit Verweis auf psychiatrische Störungsbilder 
                        im Gewand psychiatrischer Terminologie, Sonderhilfen und 
                        -stationen einzufordern:    Als Tiger gesprungen, 
                        als Betttvorleger gelandet? 
                        Mit der Integration der Praxis akzeptierender Drogenarbeit 
                        in der Versorgungsstruktur vor Ort, d.h. vor allem mit 
                        der ökonomischen Abhängigkeit wird der politische 
                        und praktische Handlungsspielraum (der sich ja auch oft 
                        im rechtlichen Graubereich befand) immer enger. Dies wird 
                        besonders deutlich angesichts der knappen Haushaltsmittel 
                        vieler Kommunen, die vielen kleinen Vereinen und ihren 
                        MitarbeiterInnen Existenzsorgen bereiten. Vom Geldgeber 
                        werden schlicht Versorgungsleistungen in einem bestimmten 
                        Umfang gefordert: politische Aktionen, Resolutionen, symbolische 
                        Politik gegen das ausgrenzende Betäubungsmittelgesetz 
                        sind heute nicht gefragt und scheinen wirtschaftlichen 
                        Interessen entgegenzulaufen. Anzeichen eines Ruhig-Werdens 
                        vieler ehemals drogenpolitisch aktiver Vereine im akzept 
                        e.V. lassen sich ausmachen: Alle haben verständlicherweise 
                        mit sich selbst und der Finanzierung ihrer jedes Jahr 
                        aufs Neue zu beantragenden Zuwendungen zu kämpfen, 
                        aber deshalb immer weniger Zeit, für und mit den 
                        Betroffenen für einen andere Drogenpolitik zu arbeiten. 
                        Diese Gefahr besteht und wir tun gut daran, uns wieder 
                        um gut analysierte drogenpolitische Alternativen zu kümmern 
                        und rechtliche Grenzen zu überschreiten, die ein 
                        überkommenes Verbotssystem als überfällig 
                        und abschaffbar verdeutlicht.   
                        Qualitätssicherung 
                        Je mehr die Praxis akzeptierender Drogenarbeit ein Ware 
                        wird, um so stärker sind wir gezwungen, uns dieser 
                        Herausforderung professionell zu stellen, d.h. vor allem 
                        mit Überlegungen zur Fachlichkeit unserer Arbeit. 
                        Wir haben dies bereits anhand der stark nachgefragten 
                         Leitlinien für die psycho-soziale Begleitung 
                        im Rahmen einer Substitutionsbehandlung (1995) und 
                        der Leitlinien der akzeptierenden Drogenarbeit 
                        (1999) getan und werden diese Qualitätssicherungsarbeit 
                        vertiefen.   | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
               
                 
                     
                      | 5. Was ist zu tun? | 
                     
                     
                      Gegen die soziale Ausgrenzung vieler DrogenkonsumentInnen 
                        schließlich muß eine auf Integration zielende 
                        Drogenpolitik entworfen und schrittweise auf kommunaler 
                        und nationaler Ebene durchgesetzt werden. 
                        Auf kommunaler Ebene bedeutet dies vor allem, daß 
                        die Regelversorgungsdienste auch wieder Drogenabhängigen 
                        zugänglich gemacht werden. Denn überall wurden 
                        und werden Sonder- und Spezialdienste geschaffen, die 
                        sich nur mit DrogenkonsumentInnen beschäftigen soll(t)en: 
                        Sonderbesuchszeiten für MethadonnehmerInnen beim 
                        Arzt, Sonderdienste Spritzenabgabe und Sonderambulanz, 
                        weil sich ApothekerInn und ÄrztInnen weigern, Drogenabhängige 
                        angemessen oder überhaupt zu behandeln - all dies 
                        schafft eine Sonderwirklichkeit für DrogengebraucherInnen, 
                        die eine soziale Ausgrenzung weiter verstärkt. Aber 
                        inwieweit ist die Praxis der akzeptiernden Drogenarbeit 
                        selbst am Erhalt von Sonderwirklichkeiten beteiligt? Gibt 
                        es nicht auch im Bereich der niedrigschwelligen Drogenarbeit 
                        Extra-Versorgungstruktu-ren die vom Regelversorgungssystem 
                        übernommen ggf. sogar besser gemacht werden könnten? 
                        Z.B. Spritzentausch wäre eigentlich eine Aufgabe 
                        der Apotheken, die in der Regel viel längere Öffnungszeiten 
                        haben und die man auch in die Entsorgung gebrauchter Spritzen 
                        einbinden könnte, neben der Spritzenvergabe im Kontaktcafé. 
                        Auch in unseren Angeboten besteht die Tendenz, originär 
                        in andere Unterstützungssysteme eingebundene Leistungen 
                        auch noch in das Drogenhilfesystem zu integrieren: Schuldenregulierung, 
                        Arbeits- und Wohnprojekte nur für DrogengebraucherInnen. 
                        Integration meint jedoch gerade den gegensätzlichen 
                        Weg: gegen eine weitere Klientelisierung der 
                        DrogenkonsumentInnen. 
                        Zudem müssen Drogenhilfeträger und Selbsthilfeorganisiationen 
                        gemeinsam die Drogenmythen zerstören (vorver-urteilende 
                        Sprache, undifferenzierte Begriffe, wirklichkeitsfremde 
                        Vorstellung von Entstehung, Verlauf und Beendigung bsw. 
                        von Opiatkonsum). Aufklärung vor allem in einer Form 
                        von Gemeinwesenarbeit, um gemeinsam mit AnwohnerInnen 
                        drogenpolitisch sinnvolle und effektive, dezentrale Hilfseinrichtungen 
                        etablieren zu können. 
                        Auf nationaler Ebene wirkt akzeptierende Drogenarbeit 
                        darauf hin, das Sonderstrafrecht Betäubungsmittelge-setz 
                        abzuschaffen und die entsprechenden Substanzen in die 
                        Regelungs- und Kontrollmöglichkeiten bereits vorhandener 
                        Gesetze (bsw. Arzneimittelgesetz, Nahrungs- und Bedarfsgegenständegesetz) 
                        zu integrieren. Das Strafrecht als vermeintlich verhaltenssteuerndes 
                        Instrument hat nicht nur versagt, es hat mehr Schaden 
                        als Nutzen angerichtet. Die Doppelmoral der Teilprohibition 
                        bewirkt fundamental eine Unglaubwürdigkeit des Staates: 
                        Gleiches ungleich zu behandeln, entttarnt Drogenpolitik 
                        als Willkürpolitik. 
                        Deshalb wird die Norm des Drogenverbots ohne Schuldbewußtsein 
                        vetreten und hat so den prohibitiven Ansatz schon lange 
                        ad absurdum geführt.   
                        Vor diesem Hintergrund steht akzept e.V. für eine 
                        Normalisierung im gesellschaftlichen Umgang mit der Drogenproblematik 
                        und bedürfnisorientierter Angebote für DrogenkonsumentInnen.  
                       | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
               
                 
                     
                      Heino Stöver, Oldenburg im Juni 1999  
                       | 
                     
                     
                        | 
                        | 
                     
                    | 
               
               
                 | 
               
               |